Oh ja, man brauchte schon starke Nerven
als SPD-Mitglied in den letzten Tagen und
Wochen. Doch die Ungewissheit über die
Kanzlerkandidatur hat ein Ende.-Endlich-.
Dabei hatte doch jeder gedacht, die Ent-
scheidung falle am 29.Januar, es wurde
immer gebetsmühlenartig wiederholt:"Der
Zeitplan gilt."
Bevor die zuständigen Gremien, Fraktion
und Partei informiert wurden, lancierte
der Parteichef seinen Rücktritt in den Medien.(Stern)
Sigmar Gabriel eben-(Basta-Gewohnheit).
Doch nun auf zu neuen Ufern. Der neue heißt Martin
Schulz und er tritt an als Parteichef und Kanzlerkan-
didat.
Ein überzeugter Europäer heißt es, "kann er Kanzler"
wird gefragt, kennt er sich überhaupt in der Innen-
politik aus?
Die SPD-Basis jedoch zeigt sich hochzufrieden über
diese Entscheidung. Die Beliebtheitswerte in den
rasch erstellten Umfragen sehen Schulz auf Augen-
höhe mit Merkel. Wichtig ist jedoch jetzt, dass
dieser demoskopische Neugiereffekt nicht schon in
wenigen Monaten verpufft, denn ein optischer Wech-
sel ist kein Ersatz für einen politischen Aufbruch.
Zu diesem Aufbruch gehört jedoch eine radikale
Neuorientierung der SPD.
Sie muss wieder anknüpfen an die Tradition der
sozialen Gerechtigkeit, aber zukunftsorientiert.
Die SPD muss sich wieder eindeutig für eine andere
Gesellschaft jenseits der neoliberalen Marktwirt-
schaft einsetzen. Die Umverteilung von gesellschaft-
lichem Reichtum von oben nach unten ist zwingend
notwendig, um den Zusammenhalt der Gesellschaft
wieder zu festigen.(siehe die letzte Oxfam-Studie)
Es gibt in der Bevölkerung zu viele Globalisierungs-
verlierer. Wir lassen uns als Exportweltmeister
feiern und auf der anderen Seite haben wir bei uns
prekäre Jobs, den geringsten Mindestlohn in West-
europa, eine steigende Zahl von "Aufstockern",
Minijobbern, die Altersarmut nimmt rapide zu, junge
Arbeitswillige werden mit Praktika abgespeist und
somit die Lebensplanung junger Menschen behindert.
Die Mieten steigen ins Exorbitante und wir brüsten
uns mit einer Mitpreisbremse, die in der Praxis je-
doch versagt. Der zerstörerische Finanzkapitalismus
geht so weiter wie vorher. Aus der Krise nichts ge-
lernt! Arbeit wird höher besteuert als die Erträge
aus Kapitalvermögen, der Handel mit Derivaten und
das Wetten auf Währungsschwankungen findet wei-
terhin statt. Eine radikale Idee zur Besteuerung von
Erbschaften ist nicht in Sicht. Dabei stehen in den
nächsten Jahren Erbschaften in Billionenhöhe an.
Das Thema Rente, Rentenniveau sei hier nur am
Rande erwähnt.
Dies alles wären doch Themen für die neue SPD !
Im übrigen, eine weitere Koalition mit der CDU im
Herbst könnte die SPD den Zusatz Volkspartei
kosten und stärkt weiterhin nur die rechten Ränder.
Für eine weitere GroKo reichen der SPD auch ca.16-
18 % Zustimmung. Komische Vorstellung !
Horst Bohlen