Gibt es noch irgendeinen Zweifel daran,
dass sich die SPD-Basis wieder einmal für
die Groko ausspricht?
Ich glaube nein. Dafür haben die Partei-
oberen von Andrea Nahles bis Olaf Scholz
gesorgt, dass sich die "diskursive Band-
breite"der Debatte nur in dem Rahmen der
Groko-Befürworter bewegte. Siehe hierzu das Be-
gleitschreiben zu den Abstimmungsunterlagen und
die Darstellung im letzten "Vorwärts". Dabei hatte
es doch im Beschluss des SPD-Bundesparteitags vom
21.01.2018 geheißen:"Zur Gewährleistung eines
fairen Verfahrens wird der Parteivorstand sicher-
stellen,dass im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit,
und vor allem im Rahmen von Diskussionsveranstal-
tungen, die diskursive Bandbreite der Debatte ab-
gebildet wird."
Von einem "Streit auf Augenhöhe" kann zwischen
Befürwortern und Gegnern keine Rede sein. Nein,
man kann eher den Mitgliederentscheid als betreu-
tes Abstimmen bezeichnen, wobei mir die Jusos
leid tun, zumal sie keinen weiteren prominenten
Mitstreiter hatten.
Somit schreiten wir nun Seit an Seit in eine von
der SPD ehemals nicht gewollte GroKo; wer in dem
Fall die Ministerien besetzt, das darf die Basis
vorher aber nicht erfahren.
"Die Schnittmengen zwischen der Union und der SPD
sind abgegrast", so das Zitat des SPD Gesundheits-
experten Karl Lauterbach. Ich spare mir ähnliche
Zitate weiterer SPD-Spitzen,die ebenfalls vor einigen
Wochen noch gegen eine Beteiligung sprachen.
Nur die Gründe der GroKo-Verweigerung, die auch
unser Vorsitzender nach der Bundestagswahl klar
und deutlich formuliert hat, die gelten schließlich
immer noch.
Aber die Parteibasis wird zustimmen, sie hat Angst
vor baldigen Neuwahlen, was ihnen als Alternative
suggeriert wurde. Dabei sollten wir Sorge haben
vor weiteren GroKo-Jahren.
Die Umfragewerte zeigen es, man kann der Erosion
einer Volkspartei SPD beiwohnen. Einer SPD, die
der Ost-und Entspannungspolitik den Weg geebnet
hat, die sich dem Ermächtigungsgesetz entgegen-
stemmte, die Personen wie Willi Brandt und Herbert
Wehner in ihren Reihen hat, auf dem Weg in die
Bedeutungslosigkeit? Auf der anderen Seite waren
es schon Gerhard Schröder, Wolfgang Clement und
Peer Steinbrück, die den Sozialstaat umstruktu-
rierten und dem Neoliberalismus das Wort redeten.
Hier begann der Prozess des Niedergangs der SPD,
der nun von Nahles und Scholz fortgesetzt wird.
Die unterlegene Abstimmungsminderheit wird nicht
die Kraft haben zum Aufbruch oder gar zur Partei-
revolte, und einen echten Jeremy Corbyn hat die
SPD nicht. Deshalb ist sie zum weiter anhaltenden
Improvisieren verdammt, wie das Beispiel der
kommissarischen Parteiführung exemplarisch zeigt.
Horst Bohlen