Das Ziel: Freiheit
Der Garten der Botschaft war damals ein riesiges Zeltlager - Schlamm vom Septemberregen, dazu das Warten. "Das einzig Entscheidende für uns war das Ziel, alles andere musste vermieden werden, damit dieses Ziel nicht gefährdet wird. Dafür haben wir alles getan und haben zusammengehalten."
Es waren die Tage, bevor der wohl berühmteste Halbsatz der deutschen Geschichte gesprochen wurde. Außenminister Hans-Dietrich Genscher trat auf den Balkon und sprach zu den DDR-Flüchtlingen, die im Garten ausharrten. "Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise…" - der Rest ging im Jubel unter.
Der Balkon auf der Deutschen Botschaft - er ist das Ziel von vielen Tausend Besuchern, die zum "Fest der Freiheit" nach Prag gekommen sind. Unter ihnen ist auch Rudolf Seiters. Damals war er im Kanzleramt zuständig für die DDR-Flüchtlinge, später wurde er Innenminister. Am 30. September 1989 stand er neben Genscher auf dem Prager Balkon.
"Noch nie in meinem Leben so viele Tränen gesehen"
Noch heute, sagt er, denke er oft an diesen Moment. "Natürlich der Jubel, den wir auf dem Balkon hörten, als wir in diesen verschlammten, nachtdunklen Garten blickten, wo die Gesichter gar nicht zu erkennen war. Aber die Reaktion der Flüchtlinge, Freiheit für uns und unsere Kinder, war überwältigend. Und die Gespräche im Garten später. Ich habe in meinem Leben noch nie so viele Tränen gesehen, und ich selber hatte ja auch Tränen in den Augen."
"Wir haben sie wie Gäste behandelt"
Einer von denen, die damals auch dabei waren, ist Hans-Joachim Weber, der damals als Diplomat in der Prager Botschaft tätig war. "Wir waren ein gutes Team auch. Wir haben die Leute so behandelt, wie man Gäste behandelt. In meinen Augen waren es eben Gäste", sagt er.