Einegroße Chance für die SPD, Digitalisierung4.0,
dazu ein exklusiv Interview, mit Johann Saathoff MdB, SPD / KI 18.1.19
Frage: Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Digitalisierung – was steckt eigentlich dahinter?
Johann Saathoff: Das bedeutet, dass Maschinen untereinander kommunizieren können. Eine Maschine benötigt künftig keinen Menschen mehr, um Nachschub oder Material zu besorgen, um Prozesse voranzutreiben. Beispiel: Wenn ein Roboter im VW-Werk Emden Reifen montiert, muss kein Mensch mehr Reifen nachlegen oder Zubehör liefern.
Frage: Das wird ja auf allen Ebenen und in vielen Arbeitsprozessen geschehen. Was heißt das für die Arbeitswelt, die wir heute kennen?
Saathoff: Die Auswirkungen auf Arbeitsplätze sind derzeit noch nicht kalkulierbar, aber sie werden enorm sein. Generell wird die Bedeutung der Bildung immer zentraler. Wir müssen aufpassen, dass alle Menschen in den nötigen Bildungsstand kommen, um ihnen weiter Arbeitsplätze anbieten zu können. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite wird die Arbeit von der Tendenz her einfacher. Wieder ein Beispiel: Ein Fernfahrer wird nicht mehr im Lkw sitzen, sondern an einem Bildschirm und ihn zum Ziel lenken, wo er hin muss. Und wenn das dann fertig ist, setzt er sich virtuell in das nächste Fahrzeug. Es wird nicht nur weniger Lkw-Fahrer geben, sie werden auch einen ganz anderen Job haben. Der Fernfahrer sitzt nicht Tag und Nacht in seiner Kabine und fährt durch die Welt, sondern am PC und lenkt die Laster per Mausklick – hat aber dann auch die Möglichkeit, abends pünktlich zu Hause zu sein.
Frage: Das ist doch eigentlich schön ...............
Saathoff: ... für die wenigen, die diesen Job dann bekommen. Die Frage wird sein, ob wir durch diese große Umverteilung noch genug Arbeit haben, damit alle in Brot und Arbeit stehen. Das müssen wir im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel denken.
Frage: Das ist doch ein weites Feld für die SPD. Die Aufgabe muss doch heißen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Angst vor der Zukunft zu nehmen?
Saathoff: Ganz genau. Das ist unsere Aufgabe. Das machen wir nicht erst jetzt. Wir machen uns schon seit Jahrzehnten Gedanken über die Auswirkung der Automatisierung auf die Arbeitswelt. Dafür müssen wir einen klaren Rechtsrahmen schaffen, der Schwächere schützt, Bildungshemmnisse beseitigt, ihnen eine Chance bietet. Ganz wichtig ist dabei, dass die Mitbestimmungsrechte, die wir als Sozialdemokraten geschaffen haben, nicht durch die Digitalisierung unterhöhlt werden. Wir werden uns genau ansehen, wie das Betriebsverfassungsgesetz ausgestaltet werden muss, wenn Digitalisierung Arbeitsplätze ersetzt.
Frage: Wenn Maschinen Arbeitsplätze überflüssig machen, werden diejenigen, die diese Maschinen einsetzen, höhere Gewinne machen. Diese Gewinne könnte man durch eine Maschinensteuer abschöpfen. Eine Idee für die SPD?
Saathoff: Auch dieses Themas diskutiert die Sozialdemokratie seit Jahrzehnten. Ich wünsche mir, dass wir die Energie, die wir in Maschinensteuer setzen, lieber in das Thema Vermögenssteuer stecken. Aus meiner Sicht ist die Vermögenssteuer das zentrale Thema. Es wird immer wieder über so genannte Sozialbetrüger gesprochen, weil sie angeblich zu viel Sozialhilfe oder Hartz IV bekommen. Aber die eigentlichen Sozialbetrüger sind doch die, die mit ihrem Kapital gar nicht dazu beitragen, dass diese Gesellschaft funktioniert. Die Maschinensteuer ist nie eingeführt worden, weil sie den internationalen Wettbewerb erschwert. Das Gleiche gilt auch für die Vermögenssteuer, allerdings haben sich die Kapitalmärkte so verworfen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass jemand wegen einer Vermögenssteuer sein Geld plötzlich im Ausland anlegt. Da dürfen wir viel mutiger sein.
Frage: Es heißt ja immer, dass Digitalisierung und künstliche Intelligenz auch in Dienstleitungsberufen wie beispielsweise der Pflege eingesetzt werden. Kann sich Johann Saathoff vorstellen, dass er im Alter einmal von einem Roboter oder einem roboterähnlichen Wesen gepflegt und versorgt wird?
Saathoff: Ich kann mir vorstellen, dass Roboter Teile meines Arbeitsalltags übernehmen. Es ist ja durchaus sinnvoll, wenn Roboter beispielsweise meinen Rasen mähen oder staubsaugen. Ich kann mir in näherer Zukunft auch anderes vorstellen – zum Beispiel die Zubereitung von Essen durch Roboter. Ein noch so ausgefeilter Roboter kann aber Zuneigung oder menschliche Wärme nicht ersetzen. Ich würde mir schon wünschen, von einem Menschen betreut zu werden.